HEINRICHS GEDICHT
Hatzbach heißt der Ort in Hessen,
Wo ich einst geboren war,
Wo in Tanzen, Saufen, Fressen
Ich vollbracht auch ein'ge Jahr.
Bis ich alt war sechzehn Jahren
Und ein halbes auch sogleich.
Als ich anfing zu erfahren
Gottes Gnade, die so reich.
Die erscheint den Menschenkindern,
Lehrt, sie sollen Buße tun,
Sollen nicht wie freche Sünder
In dem Schlaf der Sünde ruhn.
Diese Gnad hab ich erfahren
Manchen Tag und manche Nacht.
Doch der Reiz der Jugendjahren,
Die Pläsier und Weltfreundschaft
Tat mir noch so sehr ankleben,
Dass ich meint', ich könnte nicht
Ganz abstehn vom Sündenleben,
Wie es ist der Christen Pflicht.
Willst du so ein Leben führen?
Sprach der Feind manchmal zu mir,
So musst du viel Freund verlieren,
Kameradschaft und Pläsier.
Dann wird dich die Jugend achten,
Einem rechten Toren gleich,
Wird dich als ein Narr betrachten,
Spotten wird dir Arm und Reich.
Deiner wird man immer lachen,
Wo man dich nur finden kann,
Ein Fegopfer aus dir machen,
Spott, Schandfleck sein jedermann.
Darum lass dir von mir raten,
Geh mit ihnen nur zum Schein,
Flieh die groben Missetaten,
Dann wird Gott dir gnädig sein.
So kannst du dem Kreuz ausweichen,
Das schier unerträglich ist,
Kannst Geld, Ehr' und Ruhm erreichen
Und doch sein ein guter Christ.
Dieser Rat, vom Feind gegeben,
Schmeckte meinem Fleisch so gut,
Folglich fing ich an zu leben,
Wie manch ein Betrogner tut.
Gott und Christus wollt ich lieben,
Doch den Mammon auch dabei,
Nicht den Gnadengeist betrüben
Und die Welt auch lieben frei.
Doch auf diesem Lasterpfade
Konnt' ich nicht sehr lange gehn,
Bis ich tat durch Gottes Gnade
Den Betrug und Irrtum sehn.
In dem Schein von diesem Lichte
Konnte ich auch deutlich sehn
Luthers Jünger Glaubensfrüchte,
Wie's bei ihnen tut zugehn.
Wie sie in dem Sündenleben,
Fluchen, Schwören, Hohn und Spott,
Sich der Unzucht ganz ergeben,
Lästern gräulich ihren Gott.
Sollt ich mich mit Ihn'n vermischen?
Dacht ich oft in meinem Sinn.
Das geht gegen mein Gewissen,
Was jetzt tun, wonaus, wohin?
Da kam mir zu meiner Freude
Bald Amerika in Sinn,
Dort deucht mich, ich sehe Leute,
Die fromm lebten immerhin.
Dass ich bei ihnen möchte leben,
War ja meines Herzens Lust,
Folglich tat ich mich bestreben,
Wie es mir ist wohl bewusst.
Dass ich sein könnt' reisefertig,
Wie es dann auch ist geschehn,
Am September vierundfünfzig
Tat ich nach dem Neustadt gehn.
Schnell vom Dampf dahingezogen
Kam ich bald in Bremen an.
Von dort auf die Meereswogen
Sucht ich nach Neu-York die Bahn.
Wind und Wetter, Sturm und Wellen,
Viel Betrübnis hatten wir,
Auch sehr schnelle Todesfälle
Zeigten sich fast täglich hier.
Vierzig waren weggenommen
Durch die kalte Todeshand.
Was wird noch mit uns bekommen,
O wann wird man sehen Land?
Endlich hörte man sie sagen,
Welches tat uns sehr erfreun,
Dass wir würden in zwei Tagen
In Neu-York, der Seestadt, sein.
Doch am frühen Montagmorgen,
O da war die Trübsal groß,
Als wir hörten mit viel Sorgen,
Dass das Schiff auf Boden stoß.
Tut euch unsre Angst vorstellen,
Schmerzen, Seufzer, Weh und Ach,
Als durchs Meeres starke Wellen
Unser Schiff mit Macht zerbrach.
Zu vermehren unsre Schrecken,
Mussten wir gar bald noch sehn
Wellen unser Schiff bedecken:
Denkt euch unser Klaggestöhn!
Männer, Weiber konnt' man sehen
Liegen auf dem Angesicht,
Laut zu Gott um Hilfe flehen,
Wie ich's nie gesehen nicht.
Ich konnt' nichts als Sterben sehen,
Wann im Schiff ich länger blieb,
Darum ist es auch geschehen,
Dass ich auf den Mastbaum stieg.
In des Meeres wilden Wellen
Konnt' ich hier viel Menschen sehn
Sich den Toten zugesellen,
Plötzlich in die Tiefe gehn.
Manches tat die Hand ausstrecken,
Rief um Hilf in seiner Not,
Ganz erblasst von Angst und Schrecken
Schmeckte es gar bald den Tod.
Ja, auf meinen beiden Seiten,
Und auch zu den Füßen mein,
Mussten viele Menschen scheiden,
Schnell vom Meer verschlungen sein.
Die der Tod hinweggenommen,
In der Angst, Schmerz und Trübsal,
Sind ganz nah, wie ich vernommen,
Dritthalbhundert an der Zahl.
Mir war Gottes Rat verborgen,
Dass noch Rettung übrig sei,
Als jedoch am Dienstagmorgen
Kam ein Kahn zur Hilf herbei.
O wer kann die Freud ausdrücken,
Die mein banges Herz genoss,
Als in wenig Augenblicken
Ich dem Land entgegenfloss.
Macht und Kraft war mir genommen,
War schier nackend, bloß und matt
Und so bin ich bald gekommen
Nach Neu-York wohl in die Stadt.
Zeitungsartikel
der Scranton Times
Hier gibt man, mich zu erquicken,
Nahrung, Kleider, Geld und Schuh,
Tut mich unentgeltlich schicken
Philadelphia nah zu.
Dort ward ich mit Freud empfangen
Von den Freunden insgemein,
Doch eh manche Woch vergangen,
Konnt ich nicht zufrieden sein.
Weil es mir an Arbeit fehlte,
Darum ist es bald geschehn,
Dass ich bei mir selbst erwählte
Nach Lancaster hinzugehn.
Und dort fand ich solche Leute,
Wie mich draußen deucht gesehn,
Die zu meiner Seelenfreude
Auf des Herren Wegen gehn.
Als ich viel mit ihn'n geredet,
O was ward mir da entdeckt,
Wie der Feind viel Seelen tötet,
Wie er unterm Schafskleid steckt.
Wie sich schändlich tun verstellen,
Seine Diener heutzutag,
Die doch nur sind wilde Wellen,
Wie wohl Juda sagen mag. (Judas 13)
Die sich dennoch lassen heißen
Lehrer der Gerechtigkeit,
Und nichts tun als würgen, reißen,
Stehlen, morden allezeit.
Suchen nur den Bauch zu füllen,
Achten Christi Schafe nicht,
Weiden um der Wolle willen,
Wie uns Gottes Wort bericht. (Judas 11, 12)
Machen euch noch sanfte Kissen,
Rufen, es hat keine Not. (Hes. 13, 18)
Darum ist's, dass die Gewissen
Nicht aufwachen bis in Tod.
O wie seid ihr doch betrogen
Von der falschen Geistlichkeit,
Wie werd't ihr doch fortgezogen
Unbekehrt zur Ewigkeit.
Lernet doch durch Gottes Gnade
Den Betrug und Irrtum sehn,
Wie ihr auf dem Sündenpfade
Ewig müsst verloren gehn.
O ihr lieben Menschen höret,
Bessert und bekehret euch!
Wie euch Christus deutlich lehret,
Ringet nach dem Himmelreich!
Leget euren Hochmut nieder,
Lasset doch das Fluchen sein,
Tötet eure Sündenglieder,
Saufet euch doch nicht voll Wein!
Tut das Afterreden lassen,
Leget ab Missgunst und Neid,
Lügner, tut die Lüge hassen,
Zänker, weicht doch Zank und Streit.
Hurer, lernt doch Keuschheit lieben,
Heißt die Unzucht euren Feind,
Hasser, lernt doch Liebe üben
Und ihr Spötter klagt und weint.
Und ihr Mörder, oh, tut töten
Eure reißende Natur,
Lernet für die Feinde beten,
Folget Christi Lehr und Spur.
Räuber, O tut nichts entwenden,
Was nicht euer eigen ist,
Wirkt und schafft mit euren Händen,
Jetzt ist noch zur Buße Frist.
Werdet doch vom Schlaf bald munter,
Allzusammen, insgemein,
Auf dass ihr nicht fahrt hinunter
Schrecklich in die Höllenpein.
Und ihr Jugendkameraden
Nehmt ein Beispiel doch an mir,
Flieht doch Sünd' und Missetaten,
Dringt doch ein zur engen Tür!
Ich war auch wohl konfirmieret,
Ich war gleich wie ihr getauft,
Mit dem Namen "Christ" gezieret,
Hab von Babel Wein gekauft.
Doch da ich durch Gottes Gnade
Meine Sünden konnte sehn,
Sah ich, dass ich auf dem Pfade
Müsste in die Hölle gehn.
Folglich tat ich mich bestreben
Zu entgehen dieser Pein,
Durch ein fromm und heilig Leben
Dringen in den Himmel ein.
O wie oft hab ich beschlossen:
Heute geb ich besser acht,
Doch eh manche Stund verflossen,
War schon wieder Sünd vollbracht.
Wie will ich vor Gott bestehen,
Dacht ich dann in meinem Sinn.
Ich muss in die Hölle gehen,
Weil ich solch ein Sünder bin.
Ich kann nicht vor Gott erscheinen,
Er ist heilig, rein und gut,
Ich bin voller Eiterbeulen,
Ich lieg hier in meinem Blut.
Ich muss mein Gesicht bedecken
Vor dem Herrn, vor meinem Gott,
Denn ich bin ganz voller Flecken,
Sündenwunden, Blut und Kot.
Das Gesetz mit seiner Stärke
Predigt mir ein hart Gericht.
Es rief: "Bring vollkommne Werke!"
Und ich Sünder hatt' sie nicht.
Es rief laut, denn "Gott ist heilig",
So sollst du auch heilig sein,
Mach dich rein von Sünden eilig,
Willst du in den Himmel ein.
Doch der Weg war mir verborgen,
Wie ich dies vollbringen sollt,
Drum beschloss ich alle Morgen,
Dass ich frömmer leben wollt.
Doch sehr bald sah ich schon wieder,
Dass ich es verfehlet hatt,
Das Gesetz schlug mich dann wieder
Unbarmherzig ohne Gnad.
Ich dacht', Gott wird mich abhacken,
Weil ich faule Früchte bring,
Doch verlor ich viele Schlacken,
Als ich so durchs Feuer ging.
Als ich lange war gepeinigt
Durchs Gesetzes Strengigkeit,
Von viel Laster auch gereinigt,
Da kam die Erquickungszeit.
O da konnt ich gut erblicken,
Wie Gott alle Menschen liebt,
Wie er seinen Sohn tat schicken,
Der sich selbst zum Opfer gibt.
Er versöhnet unsre Sünden,
Er ist unsere Heiligkeit,
Er, Er tut den Starken binden,
Er bringt Heil und Seligkeit.
Er tut das Gesetz erfüllen,
Trägt den Fürst des Abgrunds; schau,
Er tut Zorn und Rache stillen,
Er bahnt eine schöne Au.
© Musée d'Unterlinden Colmar, Photo
O. Zimmermann
Er wird dort für uns geschlagen,
Er vergießt für uns sein Blut,
Er tut unsre Sünden tragen,
Spricht für unsre Schulden gut.
Er hat Blut für uns geschwitzet,
Starb, tat aus dem Grab aufstehn,
Fuhr in Himmel, wo er sitzet,
Und tut für uns Sünder flehn.
© Musée d'Unterlinden Colmar, Photo O. Zimmermann
Dass sein Vater uns möcht' schenken,
Alle Sünd und Missetat,
Und ihr nimmermehr gedenken,
Weil er selbst gelitten hat.
Als ich dieses konnt' erblicken,
Da ward leicht die Sündenlast,
Die mich tat so schmerzlich drücken,
Dass ich wär verzweifelt fast.
O da konnt ich gläubig sagen:
Nunmehr ist der Himmel mein!
Christus hat die Schuld getragen,
Er führt mich zur Hochzeit ein.
Da tat ich den Taufbund machen
Mit dem lieben Vater mein,
Er versprach mich zu bewahren,
Ich versprach ihm treu zu sein.
Ich sprach, mich soll nichts mehr scheiden
Von dem Herrn, von meinem Gott,
Weder Trübsal, Kreuz noch Leiden,
Weder Leben oder Tod.
Ich tat Sünd und Welt absagen,
Aller falschen Lehr dabei,
Sprach: All meine Lebenstage
Will ich bleiben Gott getreu.
Gottes Wort tat mir zusagen
Himmel, Freud' und Herrlichkeit,
Es sprach: Weder Schmerz noch Plagen
Weder Trübsal, Angst noch Leid
Wird einst deine Seele treffen,
So du bleibest Gott getreu,
Und erfüllest dein Versprechen
Und bekennest Christum frei.
Doch ich muss mein Elend klagen,
Mängel und Gebrechlichkeit,
Meine Fehler tun mich plagen,
Manche Trübsal, Angst und Leid.
Ja, ich muss oft ängstlich zagen,
Gott wird mir nicht gnädig sein,
Er wird mich nicht länger tragen,
Denn ich bin ja ganz unrein.
Doch in Jesu Blut und Wunden
Und in seiner Herrlichkeit
Hab ich bisher Kraft gefunden
Fortzuführen meinen Streit.
Tut der Feind gleich schrecklich schreien:
Jetzt bist du doch endlich mein,
Tu ich hin auf Christum zeigen,
Spricht: "Er wird mein Opfer sein".
Schlägt er mich auch gleich darnieder,
Nimmt mir schier den Glaubensschild,
O so ruf und schrei ich wieder,
Bis mich Gott mit Trost erfüllt.
Mitten in Versuchungswellen
Tu ich jetzt noch streitend stehn
Gegen alle Macht der Höllen
Und will niemals rückwärts gehn.
Kann ich Gottes Gnad empfinden,
Fühl ich Teil an Christi Blut,
O so kann ich überwinden,
Fürchte nicht des Satans Wut.
Doch zu euch, ihr frechen Sünder,
Die ihr schändlich leben tut
Und rühmt euch dabei nicht minder
Christi Leiden, Tod und Blut.
Euch tu ich noch heut zurufen,
Dass ihr sehr betrogen seid,
In des Irrtums höchsten Stufen
Wandelt auf dem Wege breit.
Christus tut euch nicht versöhnen,
Trägt auch eure Sünden nicht,
Tut euch nicht als Sieger krönen,
Denn ihr seid ja gar kein Licht.
Er ist wohl für all' gestorben,
Nur die Frommen haben teil,
Er hat wohl das Heil erworben
Aber nicht für Frech und Geil'.
Er tut euch nicht Kinder nennen,
Denn ihr seid der Sünde Knecht,
Tut euch nicht vor Gott bekennen,
Denn ihr lebet ungerecht.
Ihr sprecht zwar: Aus freier Gnade
Wird der Himmel uns zuteil,
Drum tut uns die Höll' kein Schaden,
Christus, der ist unser Teil.
Und so lebt ihr fort in Sünden,
Wie die andern Heiden tun,
Suchet nicht zu überwinden,
Wollet sanft in Sünden ruhn.
Ja, ihr tut die Freiheit brauchen,
Womit Christus uns befreit,
Bei dem Huren, Fluchen, Saufen
Als ein Deckel der Bosheit.
O wie tut ihr euch betrügen,
O wie seid ihr doch verwirrt,
Wie tun eure Pfaffen lügen,
Wie seid ihr von ihn'n verführt.
Nur das kann man ein Glaub' nennen,
Der den Himmel mit sich bringt,
Wo das Herz von Lieb tut brennen,
Die auf den Gehorsam dringt.
Wo man wieder ist geboren
Aus dem Wasser und dem Geist,
An den Herzen und den Ohren
Recht beschnitten, wie es heißt.
Wo man tut, wie Christus lehret,
Seine Feinde niemals schlägt,
Sünd und Welt den Rücken kehret,
Christi Kreuz ganz willig trägt.
Wo man für die Feinde betet,
Ihre Fehler gern vergibt
Und die Sündenglieder tötet
Und die Brüder brünstig liebt.
Auch am fremden Joch nicht ziehet,
Keinen Wein von Babel kauft
Und der fremden Stimme fliehet -
Auf den Glauben wird getauft.
Wo man ernstlich darauf dringet,
Dass man fromm und heilig lebt,
Jagt, eilt, kämpft, wacht, betet, ringet.
Nach der Krone ernstlich strebt.
Dann kann man auch Trost zusagen,
Wann es also bei euch ist,
Treibt der Feind euch zum Verzagen,
O so schaut auf Jesum Christ!
Seht ihr dann mit Angst und Schmerzen
Eure Unvollkommenheit,
O so denkt in eurem Herzen:
Gott durch Christum uns verzeiht.
Tut dann euch der Feind verklagen
Auch vor Gottes hohem Thron,
O so wird Gott zu ihm sagen,
Sie sind rein in meinem Sohn.
Doch bei euch kann man noch sehen
Große Gräuel mancherlei,
Vormittags in Kirche gehen
Nachmittags in Sauferei.
Morgens Brot und Wein empfangen
Zu gedenken Christi Tod,
Nachmittags in Pracht und Prangen
Kann man sehen Dreck und Kot.
Fröhlich auf den Tanzplatz gehen,
Tanzen, fluchen ohne Scheu,
Man kann sie hier saufen sehen,
Schändlich huren noch dabei.
Morgens wollet ihr wohl singen
Loblieder zu Gottes Preis,
Nachmittags lasst ihr erklingen
Schelmenlieder dutzendweis.
Keine Bruderlieb tut brennen
In dem Herzen ganz gemein,
Wo die Welt soll dran erkennen,
Dass wir Christi Jünger sein.
Eins tut ja das andre hassen,
Spotten, lästern und verschmähn,
Zank und Streit in allen Gassen
Kann man öfters bei euch sehn.
Eins das andre zu belügen
Ist ja der gemein Gebrauch,
Hintergehen und betrügen
Tut bei euch der große Hauf.
Selbst das Stehlen und Entwenden
Ist gar keine Neuigkeit,
Jungfern und auch Knaben schänden
Hört man oft in dieser Zeit.
O wie tut ihr euch beneiden,
O wie seid ihr doch bedacht
Andern Ehre abzuschneiden
Und die Wahrheit stets veracht.
Ja, ich hoff, ihr tut's gestehen,
Dass es ist die Wahrheit rein;
Denn ich hab es selbst gesehen,
Ihr sollt meine Zeugen sein!
Hat euch Paulus dies gelehret
Und erlaubet Gottes Sohn?
Ich sag "Nein" drum - ihr gehöret
Zu der großen Babylon.
Die da köstlich ist gekleidet
Und auf vielen Wassern sitzt,
Das rosinfarb'ge Tier reitet,
Das sie schützt und unterstützt.
Was die Hure uns abbildet,
Ist das antichristlich Reich
Und dass sie ist übergüldet
Zeiget uns auch an zugleich,
Dass sie viel vom Glauben redet,
Rühmet sich ein Christ zu sein,
Geht zum Nachtmahl, singt und betet
Und ist doch ein falscher Schein.
Und dass sie euch tun einschenken
Auch von ihrem Hurenwein,
Muss gewiss nach meinem Denken
Von euren falschen Lehrern sein.
Durch sie seid ihr so betrunken,
Dass ihr taumelt hin und her,
So in Sündenschlaf versunken,
Als wenn nicht Gefahr mehr wär.
Will man euch gleich wacher machen,
Zeigt man euch gleich die Gefahr,
O so tut ihr uns auslachen,
Heißt uns Narren noch sogar.
Ich weiß wohl, der Schlangensamen
Höret dieses niemals gern,
Doch die Früchte sind der Namen,
Der da steht auf ihrer Stirn.
Das Geheimnis ist enthüllet,
Und ich kann es deutlich sehn.
Darum meinen Wunsch erfüllet,
Tuet auch von ihr ausgehn!
Wie der Engel euch tut sagen:
"Gehet aus mein Volk von ihr;
Denn der Rauch von ihren Plagen
Wird aufsteigen für und für."
Will man euch das Herz erweichen,
Legt man es euch deutlich dar,
Dass ihr tragt des Tiers Malzeichen,
Betet an sein Bild sogar.
O so muss man doch bald hören,
Ihr wollt immer besser sein,
Eine neue Lehre lehren,
Kommt in einem falschen Schein.
O wie ist sie doch gefallen,
Babylon die große Stadt,
Wie tut dort die Stimm' erschallen
Ihrer Sünd und Missetat.
Tut bis in den Himmel reichen
Gott an ihren Frevel denkt
Drum lasst euch das Herz erweichen
Eh' man euch in das Grab senkt.
Sie ist für die Teufel worden
Ihre Wohnstadt, sag ich frei,
Wo man rauben tut und morden,
Flucht, zankt, hasst, treibt Hurerei.
Wo man nach der Schrift nicht gehet,
Nicht den Sauerteig ausfegt,
Wo die Kirche offen stehet,
Wo man freche Sünder trägt.
Doch für ihre Sünd und Frevel
Wird sie werden sehr gequält
Einst mit Feuer und mit Schwefel,
Wie Johannes uns erzählt.
Alsdann wird ein Ende haben
Lachen, Tanzen und Gesang.
Ja, in solchen Trauertagen
Hört man nicht der Harfe Klang.
Als ich dieses konnte sehen,
Fühlt ich mich gedrungen sehr
Gänzlich von euch auszugehen,
Folgen der Apostel Lehr'.
Darum ließ ich mich auch taufen
Als ein Glied an Christi Leib
Und verließ den frechen Haufen,
Ja, das Babylonisch Weib.
Und so tu ich mich jetzt nennen
"Reformierter Mennonit",
Die den Antichrist erkennen,
Eilen auch mit schnellem Schritt
Nach dem Kleinod und der Krone,
Nach dem vorgesteckten Ziel,
Dass ihn'n Gott, in seinem Sohne,
Schenken möcht der Sünden viel.
Ich tu mich mit ihn'n bestreben,
Dass ich fromm und treu möcht sein
Und nach Gottes Willen leben,
Meiden allen falschen Schein.
Gott eröffne euch die Augen
Euern Irrtum einzusehn,
Wie ihr auf den Sand tut bauen,
Wollt ihr denn verloren gehn?!
Achtet meine Worte teuer,
Hasset doch die falsche Lehr,
Esst nicht Basilisken-Eier,
Huret mit dem Weib nicht mehr.
Tut euch doch nicht länger kleiden
Mit dem Spinngewebe schlecht,
Dass ihr nicht zu eurem Leiden
Hört: "Ihr seid ja faule Knecht!"
Und ihr dann entblößt müsst stehen,
Weil euch fehlt das weiße Kleid,
Sonst müsst ihr die Qual ausstehen
Dann in alle Ewigkeit.
Dort wird dann der Wurm nicht sterben,
Dort verlöscht das Feuer nicht.
Eilt, entgehet dem Verderben,
Eh' der Lebensfaden bricht!
Nun will ich euch anbefehlen
Gottes Langmut, Lieb und Gnad,
Ja, er führe eure Seelen
Auf den schmalen Lebenspfad!
Dass ihr möcht' die Ruh genießen
In des Himmels Herrlichkeit,
Dort tut Milch und Honig fließen,
Dort ist nichts von Krieg und Streit.
Und ihr falschen Lehrer höret
Worte auch aus meinem Mund,
Die ihr nur das Volk verkehret,
Führt sie in den Höllenschlund.
Die ihr Böses gut tut heißen,
Die ihr Süßes sauer macht,
Tut das Volk mit Lügen speisen,
Bringt die Wahrheit in Verdacht.
Ihr tut Gottes Namen schänden
Ärger als ein Heide tut,
Tut das arme Volk verblenden,
Ladet auf euch auch ihr Blut.
Ja, ihr tuet darauf sehen,
Dass ihr euern Ehrgeiz stillt,
Lasst das Volk zur Hölle gehen
Und so wird auch wohl erfüllt,
Was die Schrift von euch tut sagen,
So seid ihr darauf bedacht,
Geld und Reichtum nachzujagen,
Lebt in Hochmut, Stolz und Pracht.
Wo man euch den Sack nicht füllet,
Da wollt ihr nicht Lehrer sein,
Drum ist mir der Feind enthüllet,
Der da kommt in Engelsschein.
Tut euch Christus dieses lehren;
Könnt ihr das von Petrus sehn;
Tut Paulus Gewinn begehren;
Tut er stolz und müßig gehn?
Hört ihr ein' Apostel schreien,
Eilt und gebt mir meinen Lohn;
Tun sie mit Verklagen dräuen;
Wie's bei euch geschehen schon.
Schämet euch doch vorzugeben,
Dass ihr Christi Jünger seid
Die ihr tut in Hochmut leben,
Fressen, Saufen und auch Streit.
Und was soll ich weiters sagen,
Ja, es fehlet mir an Zeit,
Alles deutlich vorzutragen,
Wo ihr zu beschuld'gen seid.
Wie wollt ihr vor Gott bestehen,
Wenn er Rechnung fordern tut?
Wie wird's euern Seelen gehen,
Wenn er vieler Menschen Blut
Fordern wird von euren Händen,
Die ihr sie habt falsch gelehrt?
Dann wird eure Qual nicht enden,
Wie die Schrift so oft erklärt.
Nun will ich mein Dichten enden
Rufe euch noch sämtlich zu:
Tut doch Fleiß und Müh' anwenden
Einzugehen in die Ruh,
Eh' die Sonne untergehet,
Eh' der Lebensfaden bricht,
Eh' der kalte Nordwind wehet
Und ihr müsset vors Gericht.
Heut' könnt ihr auf Gnad noch hoffen,
Heut' ruft Christus, "kommt zu mir",
Heut' stehn Gottes Arme offen,
Heut' ruft seine Gnade dir.
Morgen könnt es leicht geschehen,
Dass die Axt (schon längst gedräut)
Tut in eure Wurzeln gehen,
Nimmt euch hin ganz unbereit
In den Ort, wo Tränen fließen,
Wo all Buße ist zu spät,
Wo ihr ewig müsst genießen
Alles, was ihr hier gesät.
Gott hat ja sein Schwert gezücket,
Seinen Bogen längst gespannt,
Wann er streicht, wann er losdrücket,
Ist uns allen unbekannt.
Darum tut euch doch bereiten,
Seid doch Tag und Nacht bedacht,
Einzugehn zur Hochzeitsfreuden
Ist mein Wunsch. Nun Gute Nacht.
Untere
Kirchhof, Marshallville, Ohio, USA